Montag, 22. Juli 2019 06:59
PD Dr. med. Simone M. Goldinger ist Oberärztin an der Dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich.
Die Dermatologin PD Dr. med. Simone M. Goldinger ist eine international anerkannte Expertin für die Behandlung und Erforschung neuer Therapien bei Hautkrebs.
Welche Probleme stellen sich den Ärzten bei dieser Krankheit und woran forscht die Hautspezialistin gerade? In Zusammenarbeit mit dem Melanoma Institute of Australia arbeitet Simone M. Goldinger in Australien an einem Forschungsprojekt über Behandlungsmöglichkeiten nach Immuntherapie bei metastasierten Melanompatienten.
Frau Goldinger, vorab herzliche Gratulation. Ihnen wurde für Ihre wissenschaftliche Arbeit der renommierte Georg Friedrich Götz-Preis verliehen. Einer Ihrer Forschungsschwerpunkte ist schwarzer Hautkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Wo steht die Medizin in der Behandlung dieser Krankheit?
Die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Hautkrebs (Melanom) ist nach wie vor eine Herausforderung; nicht alle Probleme sind gelöst. Trotz der grossartigen Fortschritte in der Behandlung gibt es immer noch Patientinnen und Patienten, deren Tumorzellen gar nicht oder nach einiger Zeit nicht auf die Therapie ansprechen. Für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte ist es zudem oft schwierig, aus den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die für den Patienten individuell beste Therapie auszuwählen und den richtigen Zeitpunkt dafür zu bestimmen, denn bei jedem Patienten und jeder Patientin verläuft die Krankheit anders und der Tumor reagiert unterschiedlich. Bei der Behandlung soll zudem möglichst wenig Zeit verloren gehen und die Nebenwirkungen sollen möglichst gering sein. Wir hoffen, bald mehr Biomarker zu finden, die uns helfen, für jeden Patienten die bei ihm optimal wirkende Therapie zu wählen. Und bei allen Fortschritten vergessen wir oft, dass die Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, die wir haben, in anderen Ländern nicht oder nicht für alle zugänglich sind.
Grosse Hoffnungen in der Krebsbehandlung liegen auf Immuntherapien. Wie funktioniert eine Immuntherapie?
Die Interaktion zwischen Tumorzelle und Immunsystem ist komplex. Ein Tumor setzt unter anderem sog. tumor-spezifische Antigene frei. Diese werden von Antigen-präsentierenden Zellen im Körper erkannt und von ihnen – wie ihr Name sagt – dem Immunsystem präsentiert. Daraufhin bereitet das Immunsystem Abwehrzellen, die sogenannten T-Zellen, vor und aktiviert sie. Die T-Zellen wandern zum Tumor und greifen die bösartigen Zellen an. Diese Abwehr, die Immunreaktion, kann sehr heftig sein. Damit unser Körper von übermässigen Immunreaktionen (so genannte Autoimmunreaktionen) geschützt ist, verfügt das Immunsystem über «Checkpoints», Moleküle, die die Stärke der Immunantwort regulieren können. Es gibt sowohl aktivierende wie auch hemmende Checkpoints. Durch die gezielte Blockade von ausgewählten Checkpoints mit Antikörper ist es gelungen, die natürliche Bremse des Immunsystems zu lockern und somit die Aktivität gegen Tumorzellen zu erhöhen. Das Aktivieren oder Hemmen der Checkpoints ist die eigentliche Immuntherapie.
Die Immuntherapie wird seit einiger Zeit auch bei Hautkrebs angewandt. Dabei kommen spezielle Antikörper zum Einsatz. Welchen Vorteil bringt die Therapie den Patienten?
Zur Behandlung von fortgeschrittenem Hautkrebs setzen wir sogenannte Immun-Checkpoint-Inhibitoren ein. Diese Antikörper haben die Tumortherapie des Melanoms revolutioniert und das Überleben der betroffenen Patienten verlängert. Das Interessante dabei ist, dass die anti-tumorale Wirkung nicht von den Checkpoint-Inhibitoren selber ausgelöst wird, sondern sie befähigen die T-Zellen der Patienten, den Tumor zu bekämpfen. Bei einigen Patienten gelingt das so erfolgreich, dass die Therapie nach einiger Zeit abgesetzt werden kann – die Patienten gelten als geheilt.
Sie forschen zu Nebenwirkungen, die bei einer Immuntherapie auftreten können. Was sind das für Nebenwirkungen und warum sind sie problematisch?
Die bei der Immuntherapie eingesetzten Antikörper machen das Immunsystem des Patienten aktiver. Das führt zu einer stärker ausgeprägten Interaktion zwischen Immunsystem und Tumorzellen, es können aber auch andere Zellen des Körpers betroffen sein. Dadurch werden entzündliche und zytotoxische, also zellschädigende, Reaktionen an anderen Organen ausgelöst, die sich in Nebenwirkungen zeigen. Zu den leider häufiger auftretenden Nebenwirkungen während der Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren gehören auch Hautveränderungen. Sie zeigen sich in vielen Formen und ihre Intensität ist unterschiedlich.
Wie gehen Sie gegen diese Nebenwirkungen vor?
Um die Nebenwirkungen zu kontrollieren, muss das Immunsystem über Immunsuppression (Unterdrückung des Immunsystems) wieder gedämpft werden. Der Zeitpunkt wie auch die Intensität der Therapie sind entscheidend. Um beides optimal zu treffen, ist einerseits eine intensive Kommunikation zwischen Arzt und Patient ausschlaggebend, andererseits auch eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit von Spezialisten, die mit diesen immunbedingten Nebenwirkungen Erfahrung haben. Am USZ funktioniert das sehr gut, wir haben ein tolles Netzwerk und können uns regelmässig austauschen.
Trotz neuer und verbesserter Behandlungsmöglichkeiten bleibt Hautkrebs und besonders der schwarze Hautkrebs also eine schwerwiegende Krankheit?
Ja, schwarzer Hautkrebs ist noch immer eine schwerwiegende Krankheit. Auch wenn das Überleben von Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Melanom deutlich verbessert werden konnte und wir heute in manchen Fällen sogar von Heilung sprechen können. Anhand von neuen Molekülen, welche im Rahmen von Klinischen Studien hier am USZ eingesetzt werden, versuchen wir die Behandlungsmöglichkeiten für unsere Patienten zu erweitern und eine noch bessere Wirkung zu erzielen. Unser Ziel ist es, eines Tages alle Patienten heilen zu können.
Sich vor Hautkrebs schützen zahlt sich also in jedem Fall aus?
Ja, absolut. Zu den wichtigsten Präventionsmassnahmen gehören ein guter Schutz vor UV-Strahlen, das Vermeiden von Sonnenbränden und sich nicht übermässig der Sonne bzw. UV-Licht auszusetzen. Zudem ist es wichtig, die eigene Haut regelmässig selber zu inspizieren und neue Hautveränderungen oder tastbare Knoten umgehend von einer Hautärztin oder einem Hautarzt untersuchen zu lassen.
Mehr Infos: www.usz.ch
Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.
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